Konzert N°2

Die Heldenreise

Zwischen Neugier und Angst

 

Pforte um 7  |  Die öffentliche Generalprobe

Do 18. April, 19 Uhr, Festsaal der Stella Musikhochschule Feldkirch

 

Impuls um halb  |  18.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Der Biologe, Philosoph und Autor Andreas Weber entführt uns beim Impuls um halb in eine Welt, in der Beethoven, die Natur und die Heldenreise einander begegnen werden.

 


 

Pforte um 8  |  Konzert & Buffet

Fr 19. April, 20 Uhr, Festsaal der Stella Musikhochschule Feldkirch

 

Impuls um halb  |  19.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Der Biologe, Philosoph und Autor Andreas Weber entführt uns beim Impuls um halb in eine Welt, in der Beethoven, die Natur und die Heldenreise einander begegnen werden.

 


 

Programm

 

Ludwig van Beethoven (1770-1827)

Violinkonzert D-Dur op. 61

1. Allegro ma non troppo
2. Larghetto – attacca
3. Rondo (Allegro)

3.Symphonie Eroica Es-Dur op. 55
1. Satz: Allegro con brio
2. Satz: Marcia funebre (Adagio assai)
3. Satz: Scherzo (Allegro vivace)
4. Satz: Finale: Allegro molto – Poco andante – Presto


Maria Włoszczowska Violine, Konzertmeisterin & Leitung
Pforte Kammerorchester Plus: Musiker*innen der Iberacademy / Medellin, Kolumbien, des Mangaung String Programmes / Bloemfontein, Südafrika und der Stella Musikhochschule / Feldkirch, Österreich  
Andreas Weber Impuls um halb


 

Interview mit Maria Włoszczowska von Klaus Christa

Das Motto für 2024 lautet: «Folge deinem Entzücken und das Universum wird dir Türen öffnen, wo vorher nur Mauern waren». Du hast uns erzählt, dass du als junge Geigerin in Polen ganz andere ästhetische Bedürfnisse hattest als die Musiker*innen und Geiger*innen, die dich damals umgaben. Das muss sich irgendwie einsam angefühlt haben. Kannst du uns ein wenig über diese Zeit erzählen und was dir geholfen hat, durchzuhalten? In London hast du dann dein Glück gefunden – woher wusstest du, wohin du nach deiner Zeit in Polen gehen musstest? Welche Art von «Ruf» hat dich da geführt?

Ja, das war eine sehr schwierige Reise für mich, denn in Polen war, wie du schon sagtest, der allgemeine Erziehungsstil und die Art des Musizierens irgendwie verwirrend für mich, und ich wusste nicht, warum, weil ich nie etwas anderes erlebt hatte. Und weisst du, es war wirklich diese altmodische osteuropäische Art, junge Musiker auszubilden, die sie zu Solisten machen sollten. Und wenn man dann kein Solist wurde und sozusagen scheiterte, dann wurde man Orchestermusiker und die Kammermusik war nicht einmal ein Teil davon. Ich hatte in der Schule nicht wirklich Zugang zu Kammermusik, aber irgendwie liebte ich es, Geige zu spielen, aber ich war nicht so sehr an der Akrobatik interessiert und war auch in keiner Weise ein Wunderkind. Ich meine, ich hatte eine echte Leidenschaft für Musik, aber nicht speziell für das Instrument, glaube ich. Ich gehörte nicht zu den Kindern, die wie besessen Geige übten und Paganini-Capricen oder so etwas spielen wollten.

 

Ich glaube, ich war auf der Suche nach etwas anderem, ohne es zu wissen, denn ich liebte die Musik so sehr, dass ich mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen konnte. Es gab eine Zeit, in der ich Jazzsängerin werden wollte, habe aber aus irgendeinem Grund diesen Weg nicht eingeschlagen, obwohl ich manchmal noch daran denke.

 

Entscheidend waren wirklich kleine Dinge, die nicht viel mit meiner regulären musikalischen Ausbildung zu tun hatten und auch nicht unbedingt mit meinen Lehrern. Zum Beispiel gibt es in Polen einen fantastischen Radiosender, der in seiner Musikauswahl für die damalige Zeit unglaublich progressiv war und so hörte ich in diesem Radiosender zum ersten Mal Musik, die auf historischen Instrumenten gespielt wurde. Sie sendeten zum Beispiel Bachs Passionen in der Aufnahme von Nikolaus Harnoncourt und ich konnte es einfach nicht glauben. Es klang so anders als das, was ich gewohnt war zu hören und völlig anders als das, was mir beigebracht wurde. Irgendetwas brachte das in mir zum Schwingen. Obwohl mir niemand sagte, dass dies eine gültige Art sei, an Musik heranzugehen, wusste ich doch, dass sie mir gefiel und dass etwas daran für mich wahr zu sein schien; wahrer als das, was mir beigebracht wurde. Ich glaube, solche inneren Rufe sind sehr stark, oft stärker, als wir es ihnen zugestehen. Irgendetwas in mir ist immer diesem Weg der Neugier gefolgt. Vielleicht waren es meine Eltern, die sehr neugierige Menschen sind und mich nie daran gehindert haben, andere Musikstile kennenzulernen. Mein Vater hat mich immer ermutigt, alle Musikrichtungen zu hören und vielleicht war da eine gewisse Offenheit, die ich übernommen habe.

Meine formale Ausbildung war nicht auf Offenheit oder Erkundung ausgerichtet. Aber wenn man diesen inneren Ruf und diesen Instinkt hat, dass, wenn man etwas mag, es einen nie verlässt, dass so eine Stimme nie verstummt und es unmöglich ist, sie zum Schweigen zu bringen, dann ist das stärker als jede formale Ausbildung. Und natürlich bin ich dankbar dafür, dass ich alle Paganini-Capricen gespielt habe und zum Üben gezwungen wurde. Ich bin sicher, dass dies mein Leben als Geigerin in gewisser Weise erleichtert hat, aber ich glaube, dass meine musikalische Berufung eher zufällig und ungewollt war.


Ich begnete immer wieder Menschen, zum Beispiel auf Meisterkursen, deren persönliches Spiel mich sehr berührte und ich durfte eine so große Vielfalt erleben, die mich unglaublich anzog. Es hatte für mich etwas so Fesselndes, einem Spieler zuzusehen und zuzuhören, der wirklich mit einer Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und mit Persönlichkeit spielte und das erschien mir echter und aufregender als beeindruckende Geigenakrobatik. Das war also immer da, und ich glaube, das hat mich nach meinem Bachelor-Abschluss nach London geführt. Die Vielfalt des Musizierens, die ich dort erlebt habe, war so faszinierend. Ich spielte im Gymnasium in einem Streichquartett, was damals völlig unüblich war. Und plötzlich erlebte ich in London, dass jeder Kammermusik spielt. Es ist völlig normal, dass sich Musiker darin engagieren und ich konnte einfach nicht glauben, dass das nicht überall der Fall ist. Und ich dachte, das ist die wunderbarste Art der Kommunikation, die sich je jemand ausgedacht hat.


Ich glaube, das zog mich zur Kammermusik und zum persönlichen Spiel und zu Musikern, die eine starke eigene Persönlichkeit hatten und ehrlich zur Musik waren – zur Musik und nicht zu einem beeindruckenden Instrumentalspiel. Das war in mir immer stärker, auch wenn es viele Anreize gab, die mich in die entgegengesetzte Richtung lenkten, in eine Art Wettbewerbswelt, an der ich eine Zeit lang teilnahm, die mir aber keinen Spaß gemacht hat. Und ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher, ob ich überhaupt an den Wert von Wettbewerben glaube. Im Grunde geht es beim Musizieren – ob Solo, Orchester, Kammermusik oder Crossover – um Kommunikation und eine Art von Wahrheit, die es zu sagen gibt.


Musizieren sollte wirklich nichts damit zu tun haben, beeindrucken zu wollen. Ich denke, das Wichtigste, was ich gelernt habe, ist, dass es sich lohnt, der Ehrlichkeit zu folgen, viel wichtiger, als zu versuchen, jemanden zu beeindrucken oder von jemandem beeindruckt zu werden, der nur versucht, beeindruckend zu sein.



In Campbells Konzept der Heldenreise gibt es immer den Moment des Rufs. Und dann versucht der Held oft, dem Ruf zu widerstehen oder ihn sogar zu ignorieren. Gab es in deinem Lebenslauf eine Situation, in der du das erlebt hast?


Der Ruf des Helden: Ja, es gab definitiv einen Moment, in dem ich eine schwere Zeit durchmachte. Sie folgte auf meine Teilnahme an einem ziemlich großen internationalen Wettbewerb, den ich als traumatisch empfand und zusätzlich erhielt ich einige sehr erschütternde persönliche Nachrichten, die diese Situation zu einem schwierigen Moment in meinem Leben machten. Das hat mich dazu gebracht, vieles in meinem Leben zu hinterfragen, was nichts mit diesem speziellen Ereignis zu tun hatte. Und ich glaube, für mich war es ein Katalysator, dem Tod und der Trauer ins Auge zu sehen.
Mit so extremen existenziellen Fragen und Emotionen konfrontiert zu werden, machte mir letztendlich klar, dass das Leben zu kurz ist, zu spielen, um jemand anderem zu gefallen, selbst wenn es dein Lehrer ist. Und selbst wenn man das Gefühl hat, jemandem etwas schuldig zu sein, ist es wichtiger, sich selbst treu zu bleiben. Ich glaube, das habe ich in gewisser Weise immer gewusst, aber ich hatte lange nicht den Mut, diesen Weg zu gehen. Das war also ein entscheidender Moment für mich. Ich lernte eine sehr inspirierende Pianistin kennen, die ein wunderbarer Coach für mich war. Sie zeigte mir eine andere Art, Musik zu erleben und zu üben und zwar nicht durch Wiederholung, sondern durch die Suche nach Selbsterkenntnis und Bewusstheit und das war wirklich bahnbrechend für mich.

Von diesem Moment an fühlte ich mich immer weniger durch die Erwartungen anderer Menschen eingeschränkt, gefangen und eingesperrt. Das Gefühl der inneren Freiheit und Verbundenheit mit der reinen Musik war so befreiend, dass auch das Geigespielen leichter wurde. Es wurde sogar zur Nebensache, es war nicht mehr das Ziel und das machte für mich den größten Unterschied. Ich glaube wirklich, dass man sich technisch sehr verbessern kann, nicht indem man technische Übungen wiederholt, sondern indem man nach einem Weg sucht, etwas auszudrücken und wirklich in der Musik zu sein und ich habe das Gefühl, dass bei unserem Projekt in der Pforte vor einem Jahr genau das so schön war. Egal, welchen Hintergrund jemand hat oder ob jemand schon einmal Beethovens Vierte gespielt hat oder nicht oder wie viel Erfahrung jemand mitbringt: Es ist uns gelungen, gemeinsam etwas zu erschaffen, das sich für mich so wahr und so kraftvoll angefühlt hat und mit einer solchen Qualität des Spiels – des kollektiven Spiels, um genau zu sein – und ich dachte, wenn das hier so möglich ist, muss es doch in jeder Situation möglich sein.

Wenn die Menschen sich nur genug hingeben und bereit sind, auf ihre Filter zu verzichten und hemmungslos ehrlich zu sein und wirklich bereit sind, die Barriere zwischen sich und der Musik fallen zu lassen, dann passiert echte Magie. Ich denke fast jeden Tag an dieses Projekt. Es hat mein Leben verändert.

 

 

Beethovens Violinkonzert ist ein einzigartiges Stück im Repertoire. Es klingt wie die musikalische Umsetzung der Heldenreise. Erzähl uns von deiner Geschichte mit dem Stück und deine Gedanken dazu.

 

Das Violinkonzert von Beethoven ist ein ganz besonderes Stück für mich. Ich spiele es seit vielen, vielen Jahren und es war eigentlich eines der ersten Konzerte, vielleicht das erste große Violinkonzert, das ich je gelernt habe. Es hat mich wirklich angezogen und mir wurde immer gesagt, dass man es erst mit 50 Jahren spielen sollte, wenn man die ganze Lebenserfahrung hat. Aber irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass das ein bisschen unsinnig war und ich fühlte mich dem Stück wirklich verbunden. Vielleicht, weil es nicht unbedingt um Geigenakrobatik ging, sondern darum, mit so viel Reinheit, Wahrheit und Ehrlichkeit zu sprechen, ohne viel Aufhebens darum zu machen und sich nirgendwo zu verstecken und das hatte für mich etwas sehr Faszinierendes. Ich habe es also oft gespielt, als ich noch jünger war, aber damals fühlte es sich natürlich ganz anders an. In den letzten eineinhalb Jahren hatte ich angefangen, es von der Geige aus zu leiten und auf den Dirigenten zu verzichten. Das Schönste daran ist, dass die Geigenstimme oder die Rolle des Helden, wenn man so will, in diesem Kontext eine Begleitstimme ist, also eine Nebensache zum Orchesterpart. Ich habe das Gefühl, dass das Orchester der eigentliche Held dieses Stücks ist und es ist wirklich eine Sinfonie mit einer Violino obligato. Natürlich ist die Geigenstimme sehr wichtig, aber sie ist wie ein Kommentar zu der Geschichte, der großen Geschichte, die das Orchester erzählt.


Das Wunderbare daran, es ohne Dirigenten aufzuführen, ist, dass das Orchester die Geschichte komplett aus sich selbst heraus erzählen kann. Und als Solistin besteht meine einzige Rolle darin, die Geschichte zu kommen- tieren. Ohne Dirigenten geschieht das auf eine so spontane und wunderbare Weise und das Schöne ist, dass dieses Stück unglaublich organisch wird, weil die Musiker sich aufeinander verlassen müssen. Nur dann funktioniert das Timing und die Übergänge, die für alle Beteiligten verständlich sein müssen. Für mich klingt dieses Stück oft ein bisschen künstlich und seltsam, weil es zu sehr «technisiert» wird. Es steckt eine Menge Freiheit darin, was eine wunderbare Sache ist, aber das zwingt die ganze Gruppe dazu, auf eine extrem natürliche Weise zu spielen und die Geschichte so zu erzählen, wie sie sich im Moment entfaltet, anstatt vorher eine Art Masterplan zu haben. Das ist für mich so spannend und ich freue mich wirklich sehr darauf, es mit dieser unglaublichen Gruppe von Leuten zu erkunden.