Vorarlberger
Nachrichten / Kultur / 25.05.2024, von Andreas Marte
Die Pforte begeisterte mit einer Uraufführung von Sally Beamish und weiteren herausragenden Werken.
FELDKIRCH
Das Pförtnerhaus in Feldkirch
erlebte am Donnerstagabend eine außergewöhnliche musikalische Uraufführung, die das Publikum mit ungewohnten Klangwelten konfrontierte. Die renommierte Komponistin Sally Beamish stellte ihr
neuestes Werk vor, das durch strukturelle Raffinesse und musikalische Ausdruckskraft überzeugte.
In “Spell” transformiert Beamish die Buchstaben ihres Namens (SFBEAMISH) in musikalische Notation – ein innovativer Ansatz, der ein breites Klangspektrum eröffnet. Das Werk ist in sechs Teile
gegliedert, die durch ein Klangmotiv verbunden sind, das sich zu immer komplexeren Sequenzen entwickelt. „Spell“ („Zauber“) beginnt mit einer ruhigen Einleitung, gefolgt von einem melodischen,
nachdenklichen zweiten Teil. Er steigert sich zu einem energischen Scherzo, in dem Bratsche und Cello im Vordergrund stehen. Ein weiterer Höhepunkt ist das pentatonische Wiegenlied im vierten
Abschnitt, das von einer geisterhaften Bratsche dominiert wird. Nach einem intensiven dramatischen Abschnitt kehrt die Komposition zu ihrem Anfangsthema zurück und endet mit einer nachdenklichen
Violinkadenz. Die Uraufführung, vom Ensemble Louise Farrenc hörbar perfekt einstudiert und sensibel und präzise umgesetzt, ermöglichte es dem Publikum, die komplexen thematischen Ebenen voll zu
erfassen. Inspiriert von Joseph Campbells Heldenzyklus spiegelt die Komposition einen Prozess des Verlierens und Wiederfindens wider, ausgedrückt in einer musikalischen Reise von melodischer
Klarheit zu vielschichtiger harmonischer Architektur.
Nach der Uraufführung erklangen zwei weitere herausragende Kompositionen: das Klavierquartett e-Moll von Vilma von Webenau und das Klavierquartett c-Moll op. 15 von Gabriel Fauré. Das Ensemble
Louise Farrenc, bestehend aus Berit Cardas (Violine), Klaus Christa (Viola), Mathias Johansen (Violoncello) und Katya Apekisheva (Klavier), bot eine meisterhafte Interpretation dieser
anspruchsvollen Werke.
Von Webenau, Schülerin Arnold Schönbergs und eine der ersten Komponistinnen ihrer Zeit, wird in der Musikgeschichte oft übersehen. Da es sich jedoch um eine wahrhaft brillante Komponistin
handelt, kann das nur daran liegen, dass sie eine Frau war – an ihrem Talent liegt es bestimmt nicht. Ihr Klavierquartett ist ein eindrucksvolles Zeugnis ihres überragenden kompositorischen
Talents und ihrer Fähigkeit, farbige musikalische Landschaften zu schaffen. Die Musiker des Ensembles brachten dieses Meisterwerk mit spürbarer Leidenschaft und Liebe zur Musik zum Ausdruck. Die
melancholische Stimmung des Quartetts, gepaart mit seiner lyrischen Intensität, wurde durch die ausgewogene Dynamik der Musiker hervorragend vermittelt. Es ist das große Verdienst von Klaus
Christa, dieses Werk der Vergessenheit entrissen und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht zu haben.
Das dritte Werk des Abends, Gabriel Faurés Klavierquartett op. 15 in c-Moll, ist ein Meisterwerk voller emotionaler Kontraste und technischer Herausforderungen. Fauré zeigt hier seine Fähigkeit,
große Gefühle mit musikalischer Raffinesse zu verweben. Die Musiker meisterten diese Herausforderungen mit beeindruckender Brillanz. Besonders hervorzuheben ist das Zusammenspiel von Streichern
und Klavier, das die komplexen harmonischen Strukturen und den dramatischen Ausdruck des Quartetts unterstrich. Die Leistung von Katya Apekisheva am Klavier war ein zentraler Anker, der die
leidenschaftlichen und empfindsamen Phrasen mit großer Klarheit und Sensibilität führte.