Konzert N°6
Die Rückkehr
Zwischen Erkennen und Leben
Pforte um 7 | Die öffentliche Generalprobe
Do 21. November, 19 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch
Impuls um halb | 18.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus
Johannes Hämmerle führt beim Impuls um halb in das Spätwerk Johann Sebastian Bachs ein.
Pforte um 8 | Konzert & Buffet
Fr 22. November, 20 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch
Impuls um halb | 19.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus
Johannes Hämmerle führt beim Impuls um halb in das Spätwerk Johann Sebastian Bachs ein.
Programm
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
aus: Musikalisches Opfer BWV 1079 & der Cantate burlesque «Bauernkantate» BWV 212
Miriam Feuersinger Sopran
Matthias Helm Bariton
Elisabeth Wiesbauer Barockvioline
Nina Pohn Barockvioline
Lucas Schurig-Breuß Barockviola
Kaspar Singer Barockcello
Angelika Gallez Traversflöte
Herbert Walser-Breuß Naturtrompete
Johannes Hämmerle Orgel, Cembalo, Leitung & Impuls um halb
Die Freiheit der Reife
In seinen letzten Lebensjahrzehnten widmete sich Bach neben allen laufenden beruflichen Verpflichtungen in bemerkenswert hohem Maße auch dem Sammeln, Ordnen und Vervollständigen seines bisherigen Oeuvres. Auf das Ende seiner Lebensreise zugehend, durchforstete er sein Reisegepäck nach musikalischen Schätzen, die auf ihren letzten Schliff warteten und nun nochmals überarbeitet, reingeschrieben und zu größeren Sammlungen geordnet wurden. Es scheint, dass Bach zunehmend danach trachtete, vor sich und der Welt ein aussagekräftiges Zeugnis seines Lebenswerks abzulegen. Das Streben nach Vollendung förderte auch eine Reihe kompositorischer Projekte zutage, die Bach unbedingt noch voranbringen wollte. Besonderes Augenmerk erhielt dabei der Kanon, jene Form, die, wie vielleicht keine andere, die Brücke von den elementaren Anfängen in der Musik bis zur höchsten Meisterschaft schlägt.
Einfache Singkanons sind bis heute weit verbreitet und beliebt, ihre Spielregeln sind schnell erklärt: Jede Stimme singt der vorangegangenen einfach exakt nach. Diese glasklare, unantastbare Logik macht den Kanon aber zugleich zur strengsten polyphonen Form überhaupt und je mehr an musikalischer Raffinesse hineingelegt werden soll, umso gewaltiger werden die Anforderungen an den Komponisten. Auch für Bach dürften simple Kanons in Kindertagen einen allerersten Kontakt zur Welt der Polyphonie hergestellt haben und so wurden sie zu einer lebenslangen Beschäftigung mit den kontrapunktischen Möglichkeiten innerhalb dieser äußerst rigiden Form.
Das «Musikalische Opfer» ist eines von mehreren Werken, die Bachs Ankunft auf dem Parnass der kontrapunktischen Meisterschaft markieren. Zentrum dieses Werks ist das «Thema Regium», welches Bach bei seinem legendären Besuch in Potsdam 1747 bei Friedrich II. zur Improvisation vorgegeben bekommen hatte. Um dieses Thema ranken sich Kanons mit allen erdenklichen Kunstfertigkeiten sowie zwei Ricercare unterschiedlicher Prägung. Der begeisterte Flöten- spieler Friedrich II. wurde zudem mit einer großen Triosonate für Flöte, Violine und Basso continuo bedacht. Dabei ist es aber keineswegs bei einer rein intellektuellen Musik geblieben. Bei aller Strenge überraschen die einzelnen Sätze mit starken Charakteren, Ausdruckskraft und Schönheit – typisch Bach!
Wenige Jahre vor der Entstehung des «Musikalischen Opfers» schrieb Bach aus Anlass der Huldigung des adeligen Gutsherrn Carl Heinrich von Dieskau seine «Cantate burlesque», welche
zur spätesten seiner datierbaren Kantaten wurde. Zweifellos sollte das Stück in erster Linie der Unterhaltung dienen, weshalb die Handlung recht anspruchslos ausfällt. Der Text
gehört auch wahrhaft nicht zum Tiefgründigsten aus der Feder des großen Dichters Picander, weist aber durchaus originelle Züge auf, die der Komponist wirkungsvoll umzusetzen
wusste. Bachs musikalische Milieustudie des bäuerlichen Lebens fällt ausgesprochen liebevoll und charmant aus, durch das gekonnte Einbeziehen volkstümlicher Elemente ist die
«Bauernkantate» zu einem sehr fröhlichen und feinsinnigen Werk geworden. Vielleicht findet sich unter den vielen Lied- und Tanzmelodien so manches, was der Thomaskantor
abseits seiner tiefschürfenden Arbeit gerne vor sich hin pfiff.
Johannes Hämmerle