Und kommen muss zum heilgen Ort das Wilde

Wie Ideen Fllügel wachsen

 

Pforte im Frauenmuseum  |  Konzert & AusstellungSa 10. Mai, 17 Uhr im Frauenmuseum Hittisau

 

 

Programm


Joseph Haydn (1732-1809)
Streichquartett C Dur, op 54 N°2, Hob III 57

1. Vivace

2. Adagio, attacca:

3. Menuetto. Allegretto – Trio
4. Adagio – Presto – Adagio

 
Mary Dickenson-Auner (1880-1965)
Klarinettenquintett
1. Allegro
2. Allegro Vivace
3. Andante poco sostenuto
4. Andante con moto – Thema con Variazione

Ludwig van Beethoven (1750-1827)
Streichquartett F-Dur op. 18, N°1
1. Allegro con brio
2. Adagio affetuoso ed appassionato
3. Scherzo: Allegro molto – Trio
4. Allegro

 

 

Ausführende


Berit Cardas Violine
Raul Campos Violine
Klaus Christa Viola
Mar Gimferrer Violoncello
Kenichi Kawabata Klarinette

 


Mozarts Geist aus Haydns Händen

 

Graf Ferdinand von Waldstein, der frühe Förderer Beethovens, schreibt dem nach Wien abreisenden jungen Ludwig 1792 ins Stammbuch: Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozarts Geist aus Haydns Händen. Und so geschieht es auch. Beethoven reist nach Wien, um bei Haydn Unterricht zu nehmen und eine einzigartige Komponistenkarriere bahnt sich an.

 

Wien ist damals nicht nur die größte Stadt des deutschsprachigen Raumes, sondern die Musikmetropole Europas. Joseph Haydn und Wolfang Amadeus Mozart sind die Stars in einer Stadt, in der es an jeder Ecke vibriert und klingt. Eine der wenigen Quellen, die Einblick in die Beziehung zwischen Haydn und Beethoven gibt, ist eine Anekdote, erzählt vom Beethoven-Schüler Ferdinand Ries. Sie beschreibt das ambivalente Verhältnis zwischen den beiden:

 

Haydn kam selten ohne einige Seitenhiebe weg, welcher Groll bei Beethoven wohl noch aus frühern Zeiten herstammte. Eine Ursache desselben möchte wohl folgende gewesen sein: die drei Trio’s von Beethoven (Opus 1) sollten zum erstenmale der

Kunst-Welt in einer Soirée beim Fürsten Lichnowsky vorgetragen werden. Die meisten Künstler und Liebhaber waren eingeladen, besonders Haydn, auf dessen Urtheil Alles gespannt war. Die Trio’s wurden gespielt und machten gleich außerordentliches Aufsehen. Auch Haydn sagte viel Schönes darüber, rieth aber Beethoven, das dritte in C moll nicht herauszugeben. Dieses fiel Beethoven sehr auf, indem er es für das Beste hielt, so wie es denn auch noch Heute immer am meisten gefällt und die größte Wirkung hervorbringt. Daher machte diese Aeußerung Haydn’s auf Beethoven einen bösen Eindruck und ließ bei ihm die Idee zurück: Haydn sei neidisch, eifersüchtig und meine es mit ihm nicht gut. Ich muß gestehen, daß, als Beethoven mir dieses erzählte, ich ihm wenig Glauben schenkte. Ich nahm daher Veranlassung, Haydn selbst darüber zu fragen. Seine Antwort bestätigte aber Beethoven’s Aeußerung, indem er sagte, er habe nicht geglaubt, daß dieses Trio so schnell und leicht verstanden und vom Publikum so günstig aufgenommen werden würde.

 

Der ungestüme, eigenwillige und misstrauische Mensch, der Beethoven ist, wird in seiner Reaktion auf Haydns Bedenken erkennbar. Dass er nach zahlreichen Werken ohne Opuszahl nun mit der Opuszählung beginnt, ist ein Statement. Von nun an «zählen» seine Werke für ihn wirklich.


Dass er verärgert ist über Haydns Bedenken und sofort eine unlautere Absicht hinter den Einwänden vermutet,ist einerseits seinem heftigen Temperament und andererseits seiner Verletztlichkeit geschuldet, die mit einem so mutigen Schritt einhergeht. Mit seinem dritten Trio in c-Moll, in dem er einen besonders kompromisslosen Tonfall wählt, schlägt Beethoven tatsächlich ein neues Kapitel der Musikgeschichte auf. Und hätte das Gespräch zwischen den beiden Komponisten den Grund von Haydns Sorge ans Licht gebracht, hätte Beethoven wahrscheinlich wesentlich verständiger und friedlicher reagiert. Haydn konnte einfach nicht glauben, dass das Publikum für die «Zumutungen» des 3. Klaviertrios schon bereit war. Seine Sorge bezog sich aber nicht auf die Qualität der Komposition, sondern auf ihre Kühnheit. Er hat also genau wie Beethoven gewusst, dass dies sein kühnstes Werk war.

Nennen wir es ein großes Missverständnis, zwischen Beethoven und seinem Lehrer Joseph Haydn, das zu einem ambivalenten Verhältnis geführt hat. Es gibt aber eine viel tiefere Ebene, auf der die beiden ein Gespräch waren und voneinander gehört haben: die Ebene der Musik.

Beethoven hat ein ganz tiefschürfendes Verständnis für die einzigartige Kompositionsmethode Haydns, deren Prinzipen – die thematisch-motivische Arbeit – er verinnerlicht und in seiner ganz persönlichen Tonsprache weiterentwickelt hat. Wahrscheinlich hatte Haydn nie mehr einen Schüler, der seiner Spur so radikal gefolgt ist. So gesehen erhält die Anekdote noch eine weitere Dimension: Ein junger Komponist schlägt einen neuen Ton an und verlässt die musikalischen Räume, die ihn mit seinem Meister Joseph Haydn bis dahin verbunden hatten.