„Musik ist ein Lebensmittel“

 

 

VN-Interview mit Klaus Christa (53), Musiker und Pädagoge

von Fritz Jurmann

 

 

Klaus Christa verantwortet die Reihe Musik in der Pforte. 

Seit 20 Jahren gibt er als Mitbegründer und Kurator der Musik in der Pforte ihr Profil

 

Feldkirch Wenn es die Musik in der Pforte nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Das ist schon geschehen, vor

20 Jahren, von dem Bratschisten Klaus Christa für den Klassik-Teil und seinem Partner, dem Blockflötisten Thomas Engel, für die Alte Musik. Engel ist 2017 abgesprungen, und so verantwortet Christa seither allein diese Reihe und hat ihr mit theatralischen und philosophisch-literarischen Elementen sowie Leitgedanken

für jede Saison neue Impulse in einem gesellschaftspolitischen Kontext verschafft. Heute gehört die „Pforte“ neben der Schubertiade auch zu den wichtigsten Kammermusikprojekten im Bodenseeraum. Gefeiert wird

mit Jubiläumskonzerten.

Was ist Euch bei der Gründung damals durch den Kopf gegangen?

Christa: Wir wollten Konzerte gestalten, die wir selber gerne besuchen würden. Wir wollten Kontakt zu unserem Publikum und einen Ort der Begegnung zwischen Musikern und Publikum schaffen. Wir wollten das, was wir selbst im Konzert erleben, mit möglichst vielen teilen.

 

Gab und gibt es so etwas wie ein Erfolgsgeheimnis: Eure Nähe zum Publikum durch Moderationen, das Abbauen von Schwellenängsten, die Breite des Angebots über eintausend Jahre Musik?

Christa: Wir sind überzeugt, dass die Musik, die wir spielen, etwas mit dem Leben zu tun hat: Musik ist ein Lebensmittel. Bei uns stehen in erster Linie das Werk und die Geschichten dazu im Mittelpunkt und nicht der Kult um die Interpreten. Das spüren die Menschen.

 

Es hat auch immer wieder neue Ideen rund um diese Reihe gegeben, die sie lebendig erhalten haben. Ich denke dabei an die geführten Spaziergänge nach St. Arbogast, die Ausweitung der Konzerte ins Frauenmuseum Hittisau etc..

Christa: Wirkliche Erlebnisse anzubieten, gehört seit Anbeginn zur Musik in der Pforte. Dazu gehören auch immer wieder einige Neuerungen und Überraschungen. Bei den musikalischen Spaziergängen beispielsweise

verbinden wir das Naturerlebnis mit dem Musikerlebnis. Mittlerweile spazieren bei jedem Spaziergang über hundert Musikliebhaber durch die Örfla-Schlucht in Götzis, um dann einem Konzert in der Wallfahrtskirche in St. Arbogast zu lauschen. Das Frauenmuseum in Hittisau bietet außerdem einen sehr persönlichen Rahmen und verleiht den Abenden das besondere Flair von Hauskonzerten.

 

Ein besonderes Anliegen war es für Sie immer, die Schicksale komponierender Frauen des 19. Jahrhunderts

zu thematisieren, die unter den gesellschaftlichen Zwängen ihrer Zeit zu leiden hatten.

Christa: Da leisten wir europaweite Pionierarbeit. Wir graben in verschiedenen Musiksammlungen große Schätze aus, die wir dem Publikum und auch den Musikern zugänglich machen. Gerne erinnere ich mich an die Wiederentdeckungen der Österreicherin Maria Bach oder der Französinnen Louise Farrenc und Melanie Bonis.

 

Mit besonderer Zuneigung haben Sie abseits der Pforte auch Tourneen des Bochabela String Orchestras aus Südafrika durch Europa betreut.

Christa: Mein Schicksal lässt mich in der Fülle leben, nicht nur, was die Arbeit anlangt, und diese Fülle möchte ich mit anderen Menschen teilen, die nicht die gleichen Chancen bekommen haben. So erfüllt mich die Arbeit mit dem Bochabela String Orchestra mit besonderer Freude. Oft verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit bei mir, ansonsten wäre dieses Pensum nicht zu bewältigen.

 

Sie haben ja auch einen Hauptberuf als Professor für Viola und Kammermusik am Konservatorium, den Sie mit nicht weniger Leidenschaft betreiben.

Christa: Junge Menschen darin zu begleiten, ein Instrument als Stimme zu entdecken und zu meistern, finde ich einfach unglaublich spannend. Es ist so bereichernd, die Schönheit und die Geheimnisse der Musik und des Instruments mit jungen begeisterten Musikern zu teilen und sie darin zu fördern, zu eigenständigen Persönlichkeiten heranzuwachsen.

 

Die Musik in der Pforte hat sich in 20 Jahren auch vom organisatorischen Aufwand her enorm vergrößert, ohne dass dafür wesentliche Voraussetzungen geschaffen wurden. Wird sich das in Zukunft ändern?

Christa: Ab nächstem Jahr müssen wir das Management mit einer halben Stelle dotieren. Wir sind dabei, die Finanzierung dafür aufzustellen. Die „Pforte“ ist so groß geworden, dass sie mit Ehrenamt allein nicht mehr zu bewältigen ist.

 

Ihre persönliche Bilanz nach 20 Jahren: Wie soll es weitergehen?

Christa: Es waren 20 wunderbare Jahre, jetzt sind wir aufgewärmt und freuen uns auf weitere spannende Jahre. Es zeichnet sich ab, dass wir mit ausgewählten Pforte-Projekten auf Tournee gehen werden, um auch Menschen außerhalb Vorarlbergs zu erreichen. Wir freuen uns auf viele weitere wunderbare Begegnungen mit unserem Publikum, auf das wir wirklich stolz sind.

 

 

Zur Person

Klaus Christa

Geboren 24. Mai 1965 in Bregenz

Ausbildung: entscheidende Impulse als Bratschist bei Hatto Beyerle in Wien und Hannover

Tätigkeit: seit 1995 Professor für Viola und Kammermusik am Konservatorium Feldkirch, Gründer und Kurator der Reihe

Musik in der Pforte

Auszeichnungen: Fördergabe des Landes 2008

Familie lebt mit Gattin Claudia und fünf Töchtern in Klaus