Konzert N°1

Der Ruf

Zwischen Hören und Folgen

 

Pforte um 7  |  Die öffentliche Generalprobe

Do 14. März, 19 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch

 

Impuls um halb  |  18.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Beim Impuls um halb hören wir Cornelius Obonya im Gespräch mit Klaus Christa über Gott, Rilke und die Welt.

 


 

Pforte um 8  |  Konzert & Buffet

Fr 15. März, 20 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch

 

Impuls um halb  |  19.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Beim Impuls um halb hören wir Cornelius Obonya im Gespräch mit Klaus Christa über Gott, Rilke und die Welt.

 


 

Programm

 

Johannes Brahms (1893–1897)
Quintett h-Moll für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 115

 

Laura Winkler (*1988)

Auftragswerk «Bis an den Rand – Musikalische Gedanken zum Stundenbuch» für Klarinette, Streichquintett und Rezitation UA

Abdullah Ibrahim (*1934)

Maraba Blue & Chisa, bearb. Zuko Samela

 

 

Cornelius Obonya Impuls um halb & Rezitation

Matthias Schorn Klarinette

Sophie Heinrich Violine

Hloni Mokoena Violine

Klaus Christa Viola
Mathias Johansen Violoncello
Siyabonga Mtjale Kontrabass
Zuko Samela Congas

 



In der Geschichte zum Klarinettenquintett von Johannes Brahms offenbart sich in mehrerlei Hinsicht das Geheimnis des Jahresmottos «Folge deinem Entzücken und das Universum wird dir Türen öffnen, wo vorher nur Mauern waren». Beginnen wir bei Richard Mühlfeld, jenem Klarinettisten, dessen Spiel Brahms dermaßen begeisterte, dass er gleich vier seiner letzten Werke für diesen Ausnahmemusiker schrieb: die beiden Klarinettensonaten, das Klarinettentrio und das Klarinettenquintett. Eigentlich wollte Brahms mit dem Komponieren aufhören, wie er seinem Verleger Simrock in einem Brief 1890 mitteilte, aber da entwickelte sich eine Freundscha! zwischen Brahms und Mühlfeld, über den er schreibt, dass er der beste Meister seines Instruments sei. Seinem Klarinettenspiel konnte sich Brahms nicht entziehen und Mühlfelds Ton hat ihn wohl seinen Vorsatz, nicht mehr zu Komponieren, vergessen lassen.


Vor seinen großen Erfolgen als Klarinettist war Richard Mühlfeld als 2. Geiger in der Meininger Hofkapelle engagiert. Neben diesem Engagement folgte er wohl seinem Entzücken und brachte sich autodidaktisch das Klarinettenspiel bei. Er tat dies so lange heimlich, bis er die Zeit für gekommen hielt, sich als Klarinettist seinen Kollegen im Orchester zu präsentieren. Mit Erfolg: Rasch stieg er zum 1. Klarinettisten des Orchesters auf und wurde neben seiner kammermusikalischen und solistischen Tätigkeit auch 1. Klarinettist im Bayreuther Festspielorchester. Kein geringerer als Richard Wagner meinte nach dem ersten «Ring der Nibelungen» zu Mühlfeld: Junger Freund, blasen Sie immer so wie heute und die ganze Welt steht Ihnen offen.

 


 

Interview mit Laura Winkler von Klaus Christa


«Folge deinem Entzücken und das Universum wird dir Türen öffnen, wo vorher nur Mauern waren.» Dieser Satz von Joseph Campbell ist das Jahresmotto 2024. Gibt es etwas in deiner Biografie, das besonders mit diesem Zitat resoniert?
«Stay with the trouble» hieß es zuletzt, als ich in der Pforte gastieren durfte. Voller Inbrunst hat das ganze Orchester diesen Satz von Donna Haraway gesungen, der von nichts weniger erzählt als unbedingter Neugier und dem Willen, zu verstehen, zu suchen und aufzurütteln. Wenn Joseph Campbell «Life is trouble. Participate!» sagt, so geht das wohl in eine ähnliche Richtung und spricht von einer tiefgehenden Lebenslust. Sich etwas trauen, ausbrechen, unbequem sein und gleichzeitig sensibel und wach, um auch den Hindernissen im Leben Raum zu lassen und davon zu lernen. Das «Entzücken» kann einem auf diesem Weg zum Kompass werden, geht aber, so wie ich Campbell verstehe, viel tiefer, als man es bei der deutschen Übersetzung vermuten würde. «Follow your bliss» im Sinne von Seligkeit, Wonne zeigt mir den Tiefsinn im Jahresmotto 2024. Ich freu mich darauf.

Joseph Campbells Konzept der Heldenreise beginnt mit dem Ruf. Was waren die Rufe in deiner Biografie als Musikerin?
Ich habe schon sehr früh den Wunsch verspürt, (m)eine eigene Welt zu schaffen. Als Kind mit verschiedenen selbst ausgedachten Liedern oder Aufführungen, als Jugendliche mit den ersten Songwriting-Versuchen. Am Anfang meines Gesangsstudiums erschien mir Komposition als ein sehr großes Wort, ich war eingeschüchtert vom akademischen Habitus und voller Ehrfurcht gegenüber den «begnadeten Menschen», die komponierten. Ein sehr guter Freund fragte mich dann irgendwann, ob ich denn dies auch tue, und gab mir den Schlüsselsatz mit auf den Weg, dass das Komponieren keine Fähigkeit, sondern eine Entscheidung sei. Seither hab ich nicht aufgehört, Musik zu schreiben und mir und anderen damit eigene Welten zu bauen.

 

Ähnlich intuitiv und von tief innen fühlte sich mein Wunsch an, nach Berlin zu ziehen. Ich kann gar nicht genau begründen, woher diese Sehnsucht kam. Mein damaliger Professor in Graz hat dies genau verstanden und mir entgegen jeglicher Uni-Logik geraten, einfach hinzuziehen. «Es wird sich schon ergeben». So sollte es geschehen. Der erste Musiker, den ich in Berlin kennengelernt habe, ist mittlerweile ein langjähriger Weggefährte in meiner Band «Holler my Dear». Ein beglückendes Kompositionsstudium und so viele musikalische wie private Begegnungen, Vernetzungen und Erleuchtungen folgten – Berlin und ich, es ist eine Liebesgeschichte.

 

Der Kompositionsauftrag sieht ja zehn kurze Sätze vor und in jedem dieser kurzen Stücke wird ein Gedicht aus Rilkes Stundenbuch rezitiert. Gibt es ein Gedicht oder Gedichtzeilen, die dich persönlich ganz besonders angesprochen haben?

Von deinen Sinnen hinausgesandt, geh bis an deiner Sehnsucht Rand.

 

Was sind die besonderen Herausforderungen für dich, wenn du in diesem Format komponierst?
In der Musik kann ich bis zum Äußersten und Innersten von mir selbst vordringen. Rilkes Wortgewalt ist dabei ein Katapult und eröffnet mir ungemein spannende Räume. Ich denke die Miniaturen als Kondensate dieser Räume, die Herausforderung besteht also in einem kontinuierlichen Konzentrieren.

Du bist ja als Komponistin, Sängerin, Instrumenta- listin, Bandleaderin, Lehrerin, Organisatorin und Vernetzerin aktiv, also in sehr vielen Bereichen. Wie unterscheiden sich für dich die verschiedenen «Rufe» und was verbindet sie?
Auch wenn meine verschiedenen Arbeitsfelder unterschiedliche «Aggregatzustände» haben, geht es mir bei allen um Kreativität und Spiel. Wenn ich selbst künst- lerisch aktiv bin, bin ich mittendrin. Im Unterricht kann ich mein Gegenüber dazu anregen und inspirieren, beim Gestalten eines Festivals oder in der Kollektiv-Arbeit kann ich einen Rahmen dafür schaffen. Kommunikation und Vernetzung innerhalb der Szene sind für mich ebenso essentiell wie meine künstlerische Arbeit. Mein Anspruch ist es, Musik nicht nur zu spielen, sondern auch über Inhalte, Formen und Strukturen nachzudenken.