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Ein Fest der Freundschaft

Klaus Christa

Der Philosoph Martin Buber beschreibt die wahren Du-Begegnungen als „gefährlich ins Äußerste reißend, den erprobten Zusammenhang lockernd, mehr Frage als Zufriedenheit hinterlassend, …“

 

So muss es wohl Wolfgang Amadeus Mozart ergangen sein, als er zum ersten Mal Joseph Haydns Streichquartetten op. 33, den sogenannten „russischen Quartetten“ begegnete.

 

Wir wissen dies so sicher, weil wir Mozarts musikalische Antwort auf die Werke Haydns kennen: Mozarts Musik wurde von einem Augenblick auf den anderen viel dichter und intensiver, also nicht gefälliger. Gerade die Dichte und die Fülle dieser Werke wurde von manchen Zeitgenossen durchaus kritisch wahrgenommen.

 

Diese Quartette Haydns haben Mozart auf die Möglichkeit hingewiesen bzw. ihn geradezu gedrängt, „den erprobten Zusammenhang“ im Sinne Bubers zu lockern. Wie groß Mozarts Dankbarkeit für Haydns Impuls war, der „mehr Frage als Zufriedenheit“ hinterließ, drückte er in der Widmung an seinen Freund berührend aus. Dieser Text strömt über vor Dankbarkeit und Zuneigung.

 

Die Intimität, die sich in der Freundschaft der beiden Komponisten ausdrückt, ist ein besonders kostbares Geschenk. Wo wir uns gegenseitig Räume öffnen, wie Haydn dies für Mozart tat, geht es um die wahre Entfaltung unserer Persönlichkeit. Die Beziehung der beiden ist auch darum so kostbar, weil wir verstehen: Niemand hätte für Mozart das tun können, was Haydn mit seiner Komposition bewirkt hatte. Haydn war der Einzige, der diesen Raum bewohnte – ein Raum, nach dem sich Mozart gesehnt haben muss. Sofort nahm er diese Einladung an und überdachte seine Art zu komponieren.

 

Freundschaft ist ein Begriff, der vieles fasst, was wir als Beziehung erleben: Im Falle dieser beiden großen Geister wird uns klar, dass die Quelle dieser Zuneigung im Umstand begründet war, dass sie sich gegenseitig „ins Äußerste reißen“ konnten, um es mit Bubers Worten zu sagen.

 

So wollen wir jene Beziehungen in unserem Leben feiern, die uns aus dem gewohnten Zusammenhang befreien, die unsere Sicherheit erschüttern, OHNE uns den Boden unter den Füßen wegzuziehen.

Feiern wir die Freundschaft, die nicht nur applaudiert, sondern zum Aufbruch ruft. Feiern wir die Freundschaft, die uns in dem Potential, das in uns steckt, bestätigt – als Einladung, es hier und jetzt zu verwirklichen.

 

Ersetzen wir das „Bleibe, wie du bist!“ (möglicherweise eine gefährliche Drohung – auch dort, wo es wohlmeinend ausgesprochen) durch ein „Werde, was du bist!“

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